Wenn Sie an Luxusuhren denken, kommen Ihnen wahrscheinlich zuerst die renommierten Schweizer Marken in den Sinn, wie Rolex, Patek Philippe oder Omega. Aber wussten Sie, dass es auch eine deutsche Marke gibt, die sich seit fast zwei Jahrhunderten einen Namen für höchste Qualität, Präzision und Innovation gemacht hat? Die Rede ist von A. Lange & Söhne, einer Uhrenmanufaktur aus dem sächsischen Glashütte, die zu den besten und begehrtesten der Welt gehört.

Die Gründung und Entwicklung der Marke A. Lange & Söhne

Um die Geschichte von A. Lange & Söhne zu verstehen, müssen wir uns zunächst in das 19. Jahrhundert zurückversetzen, als Deutschland noch kein einheitlicher Staat war, sondern aus vielen kleinen Fürstentümern und Königreichen bestand. Eines davon war das Königreich Sachsen, das im Osten des heutigen Deutschlands lag und für seine kulturelle und wissenschaftliche Blüte bekannt war. Hier lebte ein junger Uhrmacher namens Ferdinand Adolph Lange, der eine große Leidenschaft für die Kunst der Zeitmessung hatte.

Die Gründung der Uhrenmanufaktur in Glashütte

Ferdinand Adolph Lange wurde 1815 in Dresden geboren, der Hauptstadt von Sachsen. Er lernte das Uhrmacherhandwerk bei seinem Onkel, einem angesehenen Hofuhrmacher, und bei dem berühmten Chronometermacher Johann Christian Friedrich Gutkaes. Er reiste auch durch Europa, um sein Wissen zu erweitern und die neuesten Entwicklungen in der Uhrenindustrie zu studieren. Er war besonders beeindruckt von den Schweizer Uhrenmanufakturen, die damals schon einen hohen Ruf genossen.

Als er nach Sachsen zurückkehrte, hatte er einen großen Traum: Er wollte eine eigene Uhrenmanufaktur gründen, die qualitativ hochwertige Taschenuhren herstellen würde, die mit den Schweizer Produkten konkurrieren könnten. Er suchte nach einem geeigneten Standort für sein Vorhaben und fand ihn schließlich in einem kleinen Bergdorf namens Glashütte, etwa 30 Kilometer südlich von Dresden. Glashütte war damals eine arme und abgelegene Region, die vom Bergbau abhängig war, der aber im Niedergang begriffen war. Lange sah hier eine Chance, nicht nur seine eigene Firma zu gründen, sondern auch die Region wirtschaftlich zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen.

Im Jahr 1845 erhielt er vom sächsischen König Friedrich August II. die Genehmigung, seine Uhrenmanufaktur in Glashütte zu eröffnen. Er brachte 15 Lehrlinge mit, die er selbst ausbildete, und begann mit der Produktion von Taschenuhren nach dem Vorbild der Schweizer Uhren. Er legte großen Wert auf Präzision, Qualität und Innovation und entwickelte bald seinen eigenen Stil und seine eigenen Standards. Er führte zum Beispiel das metrische System in der Uhrenherstellung ein, statt der damals üblichen französischen Linien. Er erfand auch eine spezielle Schraubenunruh mit Goldschrauben zur Feinregulierung des Gangs.

Der Aufstieg zur Weltspitze

Die Uhren von Ferdinand Adolph Lange waren bald für ihre hohe Qualität und Zuverlässigkeit bekannt und wurden auf internationalen Ausstellungen und Wettbewerben ausgezeichnet. Sie fanden auch Anklang bei prominenten Kunden wie dem russischen Zaren Alexander II., dem österreichischen Kaiser Franz Joseph I. oder dem deutschen Kaiser Wilhelm I. Lange wurde zu einem der führenden Uhrmacher seiner Zeit und zu einem Vorbild für andere deutsche Uhrmacher.

Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung seiner Firma war die Einbeziehung seiner Söhne Richard und Emil in das Geschäft ab 1868. Die beiden brachten neue Ideen und Impulse in die Firma ein und führten sie nach dem Tod ihres Vaters im Jahr 1875 weiter. Sie nannten die Firma nun A. Lange & Söhne, um an ihren Gründer zu erinnern. Sie erweiterten das Sortiment um neue Modelle und Komplikationen, wie zum Beispiel den ewigen Kalender, den Tourbillon oder den Chronographen mit Schleppzeigerfunktion. Sie entwickelten auch mehr als 30 Uhrenpatente, die ihre Innovationskraft bezeugten.

Ein besonderer Erfolg für A. Lange & Söhne war die Herstellung von Marinechronometern, also hochpräzisen Uhren zur Bestimmung der geographischen Länge auf See. Diese waren damals sehr gefragt, da sie für die Navigation unerlässlich waren. A. Lange & Söhne war eine der wenigen deutschen Firmen, die diese anspruchsvollen Uhren herstellen konnte, und belieferte die deutsche Marine, aber auch andere Länder wie Japan, China oder Brasilien. Die Marinechronometer von A. Lange & Söhne galten als die besten der Welt und waren ein Zeichen für die hohe Qualität der deutschen Uhrenindustrie.

Die Firma wuchs stetig und beschäftigte Ende des 19. Jahrhunderts mehr als 100 Mitarbeiter. Sie war auch der Motor für die Entwicklung von Glashütte zu einem Zentrum der deutschen Uhrenindustrie, wo sich mehrere andere Uhrenfirmen ansiedelten, die von A. Lange & Söhne inspiriert oder beeinflusst wurden. Glashütte wurde zu einem Synonym für deutsche Präzisionsuhren und zu einem ernsthaften Konkurrenten für die Schweizer Uhrenindustrie.

Die Enteignung und der Neuanfang von A. Lange & Söhne

Die Erfolgsgeschichte von A. Lange & Söhne wurde jedoch im 20. Jahrhundert durch zwei Weltkriege und die Teilung Deutschlands unterbrochen. Die Firma musste mehrmals um ihr Überleben kämpfen und stand kurz vor dem Aussterben, bevor sie eine spektakuläre Wiedergeburt erlebte.

Die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg war eine Katastrophe für A. Lange & Söhne, wie für viele andere deutsche Unternehmen auch. Die Firma wurde gezwungen, ihre Produktion auf militärische Zwecke umzustellen und Uhren für die deutsche Luftwaffe herzustellen. Diese Uhren waren sogenannte Beobachtungsuhren oder B-Uhren, die als Navigationsinstrumente für die Flugzeugbesatzungen dienten. Sie hatten ein großes Gehäuse, ein schwarzes Zifferblatt mit Leuchtziffern und einen zentralen Sekundenzeiger. Sie waren auch mit einem speziellen Chronometerwerk ausgestattet, das eine hohe Ganggenauigkeit gewährleistete.

Die B-Uhren von A. Lange & Söhne waren zwar technisch hervorragend, aber sie brachten der Firma auch einen schlechten Ruf ein, da sie mit dem Nazi-Regime assoziiert wurden. Viele Menschen sahen die Firma als einen Kollaborateur und einen Kriegsprofiteur an, der von der Zerstörung anderer Länder profitierte. Dies war jedoch nicht ganz fair, da die Firma keine andere Wahl hatte, als den Anweisungen der Regierung zu folgen, und viele ihrer Mitarbeiter Widerstand leisteten oder verfolgt wurden.

Das Ende des Krieges kam für A. Lange & Söhne am 8. Mai 1945, dem Tag der deutschen Kapitulation. An diesem Tag wurde Glashütte von einem alliierten Bombenangriff getroffen, der die meisten Gebäude der Stadt zerstörte, einschließlich der Fabrik von A. Lange & Söhne. Die Firma verlor fast alles, was sie in einem Jahrhundert aufgebaut hatte: ihre Werkstätten, ihre Maschinen, ihre Archive, ihre Uhren. Nur wenige Mitarbeiter überlebten den Angriff und versuchten verzweifelt, die Reste zu retten.

Die Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht

Die Hoffnung auf einen Wiederaufbau wurde jedoch bald zunichte gemacht, als Glashütte unter die sowjetische Besatzungszone fiel, die später zur Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde. Die sowjetischen Behörden beschlagnahmten das Eigentum von A. Lange & Söhne und deportierten einige ihrer Mitarbeiter nach Russland, wo sie gezwungen wurden, an der Entwicklung von sowjetischen Uhren zu arbeiten. Die verbliebenen Mitarbeiter wurden in eine staatliche Firma namens VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB) eingegliedert, die alle Uhrenfirmen in Glashütte vereinigte.

Die GUB war ein Schatten ihrer selbst und konnte nicht an die Qualität und den Ruhm von A. Lange & Söhne anknüpfen. Sie produzierte hauptsächlich billige Massenware für den sozialistischen Markt oder für den Export in andere kommunistische Länder. Sie hatte auch keinen Zugang zu modernen Technologien oder Materialien und litt unter einem Mangel an Fachkräften und Investitionen. Die Marke A. Lange & Söhne verschwand aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit und schien für immer verloren zu sein.

Die Neugründung im Jahr 1990

Das Schicksal von A. Lange & Söhne änderte sich jedoch dramatisch im Jahr 1989, als die Berliner Mauer fiel und Deutschland wiedervereinigt wurde. Dies eröffnete eine neue Chance für die Wiederbelebung der Marke, die von zwei mutigen Männern ergriffen wurde: Walter Lange und Günter Blümlein.

Walter Lange war der Urenkel von Ferdinand Adolph Lange und der letzte Erbe der Familie Lange, der das Uhrmacherhandwerk gelernt hatte. Er war 1924 in Glashütte geboren und hatte in der Firma seines Vaters und seines Großvaters gearbeitet, bevor er im Zweiten Weltkrieg als Soldat eingezogen wurde. Nach dem Krieg konnte er nicht nach Glashütte zurückkehren, da er in Westdeutschland lebte. Er arbeitete als Vertreter für verschiedene Uhrenfirmen, gab aber nie seinen Traum auf, die Marke A. Lange & Söhne wiederzubeleben.

Günter Blümlein war ein erfahrener Manager in der Uhrenindustrie, der für die Schweizer Firmen IWC und Jaeger-LeCoultre verantwortlich war. Er war ein großer Bewunderer von A. Lange & Söhne und hatte eine Vision, wie man die Marke neu positionieren und zu ihrem alten Glanz zurückführen konnte. Er hatte auch die finanziellen und technischen Ressourcen, um dieses Projekt zu verwirklichen.

Die beiden Männer trafen sich 1990 in Glashütte und beschlossen, gemeinsam die Firma A. Lange & Söhne neu zu gründen. Sie rekrutierten einige ehemalige Mitarbeiter der GUB, die noch das Uhrmacherhandwerk beherrschten, und begannen mit der Entwicklung neuer Modelle, die die Tradition und die Innovation der Marke vereinen sollten. Sie wollten keine billigen Kopien der alten Uhren machen, sondern neue Uhren mit einem eigenen Charakter und einer eigenen Identität schaffen. Sie wollten auch keine Massenproduktion, sondern eine exklusive Manufaktur, die nur eine begrenzte Anzahl von Uhren pro Jahr herstellen würde.

Sie arbeiteten vier Jahre lang im Geheimen an ihrem ersten Modell, das sie 1994 auf der Baselworld, der wichtigsten Uhrenmesse der Welt, vorstellten. Es war die Lange 1, eine Uhr mit einem asymmetrischen Zifferblatt, einem Großdatum und einem Handaufzugswerk mit drei Tagen Gangreserve. Die Uhr war ein sensationeller Erfolg und wurde sofort als Meisterwerk der deutschen Uhrmacherkunst anerkannt. Sie markierte auch das Comeback von A. Lange & Söhne auf dem internationalen Markt für Luxusuhren.

Seitdem hat A. Lange & Söhne seine Position als eine der besten und begehrtesten Uhrenmarken der Welt gefestigt. Die Firma hat mehrere andere Modelle eingeführt, die sowohl bei Sammlern als auch bei Kritikern großen Anklang fanden, wie zum Beispiel die Zeitwerk, die Saxonia oder die Datograph. Sie hat auch weiterhin neue Komplikationen entwickelt oder perfektioniert, wie zum Beispiel den Zeitgleichungsmechanismus, die Minutenrepetition oder den Doppelschleppzeigerchronographen. Sie hat auch ihre eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufgebaut, die sich mit neuen Materialien und Technologien beschäftigt, wie zum Beispiel Silizium oder Lumen.

Heute beschäftigt A. Lange & Söhne mehr als 700 Mitarbeiter und produziert etwa 5000 Uhren pro Jahr. Die Firma ist immer noch in Glashütte ansässig, wo sie mehrere Gebäude besitzt, darunter das historische Stammhaus von 1873. Sie ist auch Teil der Richemont-Gruppe, einem Schweizer Luxusgüterkonzern, der auch Marken wie Cartier, Montblanc oder Vacheron Constantin umfasst.

Die Geschichte von A. Lange & Söhne ist eine Geschichte von Leidenschaft, Mut und Widerstandsfähigkeit. Es ist eine Geschichte von einer Familie, die ihr Erbe bewahrte und weitergab, von einer Firma, die ihre Tradition und Identität bewahrte und erneuerte, und von einer Marke, die ihre Qualität und Innovation bewies und beibehielt. Es ist eine Geschichte von einer deutschen Luxusuhrenmarke, die zu den besten der Welt gehört.